Reformhaus Rehle – ein Haus mit Tradition

ÜBER 150 JAHRE „FOTO REFORMHAUS REHLE“ IN AICHACH: NATURKOST STATT KOLONIALWAREN

Tradition hat mit Stillstand nichts zu tun. Das beweist das älteste Aichacher Handelgeschäft am Stadtplatz 9, das heute Foto- und Reformhaus Rehle heißt. Seit über 150 Jahren lebt die Familientradition, eine Generation übernimmt das Geschäft von der anderen. Gewandelt hat sich das Angebot: dem Kolonialwarenhandel der Gründerzeit folgte eine Drogerie -später mit Fotostudio. Heute vereint der Laden ein Reformhaus und ein Fotostudio unter einem Dach.

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„Unser Geschäft hat sich immer wieder den wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen müssen“, sagt Gertraud Niedermayr, geborene Rehle. Als sie vor zehn Jahren zusammen mit Ihrem Mann das Familiengeschäft von ihrem Vater Richard Rehle übernahm, war die Zeit wieder reif für einen Wandel: weil die Supermärkte heute das verkaufen, was bisher die Spezialitäten der ehemaligen Drogerie Miller waren, schwenkte Gertraud Niedermayr um auf ein Reformhaus mit Naturkost, ein fester Teil blieb die Fotografie

Recht auf Drogenhandel
Beim Blick in die 150-jährige Geschichte des Geschäftes am Stadtplatz lässt sich der Wandel in der Handelswelt mitverfolgen. Der Aichacher Magistrat Richard Ignaz Werlberger gründete 1849 einen Kolonialwarenhandel. Hinter dem ungewöhnlichen Namen verbergen sich für uns gewöhnliche Produkte: Salz, Zucker und Kaffee zum Beispiel. Als alleiniges Standbein hatte der Kolonialwarenhandel 1887 ausgedient, denn mit Salz und Zucker handelten auch Lebensmittelgeschäfte. Der Drogist Josef Anton Miller aus Burgau übernahm zu dieser Zeit das Geschäft. Als Schwiegersohn des Aichacher Bürgermeisters Anton Werlberger gehörte er zur Familie. Er erwarb sich das Recht auf den Handel mit Drogen und Chemikalien. Drogen, das waren getrocknete Kräuter aus aller Herren Länder.
Die Drogerie Miller warb alle zwei Wochen in der Zeitung zum Beispiel für „Kaiser’s Pfeffermünz Karamelle“ gegen Appetitlosigkeit verdorbenen Magen und „Medicinal-Dessert- und Trinkweine“. Im Sortiment hatte Miller aber auch Säuren, Pech und Öl.

Eigenes Labor
Im Jahr 1940 vollzog sich ein Generationswechsel: Millers Tochter Maria Rehle übernahm die Drogerie. Ein neues Angebot eröffnete ihr Sohn Richard Rehle im Jahr 1959 den Kunden. Der gelernte Drogist richtete ein Fotostudio ein. Kein Wunder, hatte er doch während seiner Lehre das Fotografenhandwerk mitgelernt. Bis 1970 entwickelte die Familie Schwarz-Weiß-Bilder im hauseigenen Labor.Die Zeiten änderten sich weiter. Schwarz-Weiß-Bilder sind Schnee von gestern. Farbbilder sind an der Tagesordnung. Wie lange noch? Die digitale Fotografie ohne Film- und Entwicklungsarbeit zieht ein. Wieder hat sich das Geschäft gewandelt, das „Foto Reformhaus Rehle“ ist geblieben. Ganz im Sinne der Tradition arbeitet der Sohn von Gertraud und Hans Niedermayr im Fotogeschäft mit. Er studiert Betriebswirtschaft und ist als Nachfolger seiner Eltern eingeplant.

Im Reformhaus setzt Gertraud Niedermayr auf Probierangebote. Noch immer schrecken nämlich viele Menschen vor Bio-Getreide, -Milch und -Eiern zurück. Schnitzel und Brotaufstrich aus Korn isst nur eine Minderheit. „Nur drei bis fünf Prozent der Menschen ernähren sich bewusst“, sagt Gertraud Niedermayr – nach einem kostenlosen Probebissen kann sich das ändern.

1849 übernimmt der Handelsmann und spätere Bürgermeister der Stadt Aichach, Richard Ignaz Werlberger, von Matthias Meisinger, einem Weißgerber und Kramer, das Geschäft im Hause Stadtplatz 9.
1887 gründet die Tochter von Richard Ignaz Werlberger mit ihrem aus Burgau stammenden Gatten, Josef Anton Miller, die Drogerie Miller.
1929 übernimmt deren Sohn Richard Miller, Drogist, die Drogerie mit dem Kaffeehandel und deren Spezereiwaren. Nach seinem Tode führt
1940 seine Schwester Maria Rehle, geb. Miller, verheiratet mit dem Baumeister Jakob Rehle, die Drogerie bis sie
1959 von Sohn Richard Rehle, Fachdrogist, und dessen Gattin Gerade, Drogistin, übernommen wird. Das Drogeriesortiment wird um eine Fotoabteilung und mit einem Reformhausdepot erweitert.
1980 nach dem Tode von Richard Rehle, führt seine Frau Gerade die Fachdrogerie mit Parfümerie, Reformhaus-Depot und Foto.
1989 übernimmt die Tochter Gertraud Niedermayr, Drogistin und ref. Ernährungs- und Diätberaterin das Reformhaus mit Naturkost-Sortiment.

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